Ein Modellprojekt für das Musiktheater der Zukunft

Die Kulturstiftung des Bundes hat dieses Jahr ein neues Förderprogramm an den Start gebracht: Fonds Zero. 25 Institutionen wurden für ein Experiment ausgewählt. Ist es möglich, richtig gute UND klimaneutrale Kunst zu machen? Einer unter den Institutionen ist die Neuköllner Oper, die ich in diesem Förderprojekt mit der Produktion Frau ohne Schatten begleite.

Um nicht nur dem Publikum der Neuköllner Oper Einblick zu verschaffen, habe ich einen Text darüber verfasst. Zur Premiere der Produktion vergangenen Freitag, veröffentlichte die Neuköllner Oper diesen Text auf ihrer Webseite.

Was Fonds Zero konkret für die Neuköllner Oper und Frau ohne Schatten bedeutet, lest ihr nun auch hier.

 

Das Ziel: Richtig gute Kunst

Mit der Produktion Frau ohne Schatten hat sich die Neuköllner Oper auf ein Experiment eingelassen. Mit 24 weiteren bundesweiten Projekten im Kulturbereich gilt es herauszufinden, dass eine klimaneutrale Bühnenproduktion auch gute Kunst und „künstlerisch innovativ“ sein kann. Kreativer Gewinn statt Verlust durch Nachhaltigkeit. Das Ziel ist die langfristige Reduzierung von Treibhausgasemissionen in der deutschen Kulturlandschaft.

 

Die Klimabilanz

Was bedeutet das konkret für die Neuköllner Oper? Die Antwort zu dieser Frage steckt im Detail. Im ersten Schritt hilft die Erstellung einer Klimabilanz dabei zu erfahren, wie groß ihr CO2-Fußabdruck ist und welche Aktivitäten am meisten dazu beitragen. In einem CO2-Fußabdruck sind alle sieben Treibhausgase enthalten. Diese haben zwar eine unterschiedliche Klimawirkung, werden aber in CO2-Werte umgerechnet.

Mit diesem Wissen identifizieren wir, wo Einsparpotentiale liegen. Im nächsten Schritt können dann Maßnahmen ergriffen werden, die den Fußabdruck verringern. Die übriggebliebene Menge der CO2-Emissionen darf kompensiert werden. Dies ist übrigens ein absolutes Novum in der Kulturförderung. Das Ziel damit ist, dass der CO2-Fußabdruck von Frau ohne Schatten „gleich Null“, also klimaneutral wird.

 

Klare Einsparpotentiale

Material

Die Erstellung der Klimabilanz der Neuköllner Oper zeigt, dass ein großes Einsparpotential bei Frau ohne Schatten in der Beschaffung und Nutzung von Material liegt. Neben Stoffen, Metall und Farben für das Bühnenbild wird zum Beispiel viel Holz benötigt, was dieses Mal besonders den Zuschauerraum betrifft.

Ein oder mehrere Betten im Zuschauerraum? © Thomas Koy

Beim Holz ist ausschlaggebend, welche Art von Holz verarbeitet wird und woher das Holz stammt. Im besten Fall wird Holz aus unserem eigenen Bestand (z.B. aus alten Bühnenbildern) genutzt oder recyceltes Holz aus Europa gekauft. Zu vermeiden sind Tropenhölzer aus Übersee wie zum Beispiel Akazie, Mahagoni oder Teak.

(An-) Reisen

Besonders die Mobilität des Produktionsteams, der Mitarbeitenden der Neuköllner Oper sowie des Publikums machen mehr als die Hälfte der Klimabilanz aus. Um letzteres zu erfahren, liegen bei jeder Vorstellung von Frau ohne Schatten Fragebögen zur An- und Abreise aus. Mit der, natürlich anonymen, Teilnahme unterstützt das Publikum die Neuköllner Oper enorm.

Bei der Anreise des künstlerischen Produktionsteams von Frau ohne Schatten wird die Bahn bevorzugt. Hier bestätigen Ausnahmen die Regel, die aber auf ein Minimum reduziert wurden.

Und die Verbräuche?

Ihr fragt euch, ob nicht auch die Energieverbräuche des Hauses in die Klimabilanz einfließen sollten? Ja, das tun sie! Die Neuköllner Oper ist mit einem Ökostromvertrag und der Versorgung durch Fernwärme aber bestens ausgestattet. So gut, dass diese CO2-Emissionen verschwindend gering sind.

 

Interne Prozesse optimieren

Dennoch steckt der Teufel nicht nur im Detail der Klimabilanz. Im Rahmen von Fonds Zero werden auch die Prozesse im Haus unter die Lupe genommen. Wir können wir den sozialen Aspekt der Nachhaltigkeit integrieren?

Neben dem Produktionsprozess wird also erprobt, wie die Kommunikationsflüsse und die Zusammenarbeit mit den künstlerischen Produktionsteams verbessern werden kann. Hierfür wurden zehn Grundprinzipien erarbeitet und in einem Manifest verschriftlicht.

 

Die Nachhaltigkeit nichts Neues

Schon seit einigen Jahren hat die Neuköllner Oper die Nachhaltigkeit für sich als wichtiges Thema definiert. Das Fonds Zero-Projekt Frau ohne Schatten ist für sie ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg der Entwicklung zu einem nachhaltigen Kulturbetrieb.

Dabei findet das Thema nicht nur hinter der Bühne, sondern auch auf der Bühne seinen Platz. Dies zeigte die Trilogie THE PRESENT RETTET DIE WELT oder die Produktion NEUE LIEDER VON DER ERDE.

Hier die polarisierende Frage: Wie steht ihr eigentlich dazu, dass das Thema Nachhaltigkeit auf der Bühne verhandelt wird? Schreibt mir dazu gerne auf Instagram unter @earth.diana.

 

Über Frau ohne Schatten

Die Oper „Die Frau ohne Schatten“ von Richard Strauss und Hugo von Hofmannsthal aus dem Jahr 1919 vereint alles, was Oper zu bieten hat: Liebe, Hass, Eifersucht, Leidenschaft, Träume, Sehnsüchte, Menschen und Märchengestalten. In der modernen Fassung von Regisseurin Ulrike Schwab steht dieFrage nach der Elternschaft im Zentrum der Auseinandersetzungen dreier Paare.

Welche Wunden schlägt der Schmerz des unerfüllten Kinderwunsches in eine Partnerschaft? Und wie wirkt es sich auf Beziehungen aus, wenn sich einer bewusst gegen Kinder entscheidet? In Frau ohne Schatten werden die unterschiedlichsten Facetten dieser und weiterer Fragen beleuchtet.

Fazit: Unbedingt anschauen! Dies könnt ihr noch bis zum 26. September 2023. Tickets gibt es hier.

Trailer von Frau ohne Schatten @ Neuköllner Oper Berlin

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